Die Politik der Medien ist das Medium der Politik

von  Wolfram Pfreundschuh
Die Mediation der Konflikte um Stuttgart 21 übernahm Geißler im Bewusstsein, dass wir in einer Mediendemokratie leben würden. Seine “Schlichtung“ bestand aus einer “Rückgewinnung der Vertrauens der Bürger“, die dem Bahnprojekt sehr zuträglich war und eigentlich völlig offen lässt, was sein wird. Dabei ist allerdings für die “Bauherren“ ganz klar und unbenommen, was durchgesetzt werden muss, um die Bahn-AG entsprechend den Bedürfnissen des Finanzmarktes zu halten – und auch wer den Mehraufwand zu tragen hat: Die Steuerzahler. Geißler hat immerhin ungewollt gezeigt, wie öffentliches Bewusstsein ohne öffentliche Macht funktioniert und worin es endet: Im bloßen Verbessern der herrschenden Bedingungen, die umso mächtiger werden, je reibungsloser sie funktionieren. Das macht seinen “Schiedsspruch“ und den Zuspruch der Bevölkerung dann auch aus und lässt das als “Volkeswille“ erscheinen, was die Herrschenden nötig haben. Immerhin durften sich engagierte Bürger ja mal zu dem äußern, was ihnen als allgemeine Notwendigkeit vorgehalten wurde, und sie durften ihr Wissen einbringen und die „Ratio des Volkes“ erläutern, auf Augenhöhe, wie betont wurde, wie immer diese Höhe bestimmt war. Und was man lösen will, lässt sich auch auflösen, indem man die Medien zur Verbrämung der realen Konflikte und Verhältnisse zu nutzen versteht, die Vorstellungen hierzu mit ihrer Wirklichkeit vertauscht, ihren Gegensatz als ihre Einheit, als Beteiligung der Gegensätze in ihrer Auflösung auszugeben. Es war Geißlers Bravourleistung, das öffentliche Bewusstsein erstmals in aller Öffentlichkeit und mit der vollständigen Unterstützung der Medien und einer aufgebrachten Bevölkerung mit einem kapitalnotwendigen Großprojekt zu verschmelzen. Er hat gezeigt, dass die Politik der „Public-Privat-Partnership“ (PPP), die „Öffentlich-Private Partnerschaft“ (ÖPP), sich auch auf die Entwicklungen des Bewusstseins anwenden lässt – und zwar gerade dort, wo Wissen über den Zusammenhang der Verhältnisse besonders nötig wäre.
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http://kulturkritik.net/index_allgem.php?code=pfrwol092