(Leitartikel auf S. 1 der neuen Ausgabe der Zeitung gegen den Krieg – ZgK, Heft 33, Ostern 2012)
Das Zitat, fast ein Klassiker, lautet: „Die unsichtbare Hand des Marktes kann ohne die verborgene Faust nicht funktionieren. McDonalds kann ohne (den Rüstungskonzern) McDonnel Douglas nicht florieren. Die unsichtbare Faust, die Sicherheit in der Welt schafft, damit die Technologie des Silicon Valley floriert, nennt man US-Army, Luftwaffe und Marine-Corps.“ So 1999 Thomas Friedman, ein einflussreicher US-Journalist mit engen Verbindungen zum US-Außenministerium. Im Klartext: Der Big Mac von McDonalds oder auch die smarten Apple-Produkte erobern die Welt auch als Ergebnis der ständigen Drohung mit dem „big stick“, mit dem großen Knüppel.
Seit diese Wahrheit so ausgesprochen wurde, haben sich die Rüstungsausgaben der USA real gut verdoppelt. Dass damit dennoch der wirtschaftliche Niedergang der USA nicht gestoppt werden konnte, steht auf einem anderen Blatt. Die militärische Bedrohung ist jedenfalls erheblich gestiegen – gerade auch weil die ökonomische Macht der USA fast nur noch militärisch „abgesichert“ werden kann. Beispielsweise durch neue Kriege um Öl und gegen den Iran.
Was für das Verhältnis zwischen Rüstung und Ökonomie in den USA gilt, gilt auch für den entsprechenden Zusammenhang in Europa. Die Rüstungsexporte der EU stiegen in jüngerer Zeit steil an; sie liegen inzwischen mit einem Anteil von rund 33 Prozent erstmals über denen der USA (mit einem Anteil von 30 Prozent an allen Rüstungsexporten). Dabei haben sich die deutschen Rüstungsexporte im Zeitraum 2006 bis 2010 gegenüber dem vorausgegangenen Jahrfünft 2000 bis 2005 glatt verdoppelt. Im Jahr 2010 erlebte der deutsche Rüstungsexport gar ein Plus von 72 Prozent; der Friedensaktivist Lühr Henken stellt zu Recht fest, diese Tod bringenden Exporte seien in diesem Jahr „geradezu durch die Decke geschossen.“
Aber ist es denn wirklich eine „unsichtbare Faust“, die da wütet, zerstört, mordet? Das wird lediglich so falsch dargestellt. So wie es eben fälschlich heißt, dass „Kriege ausbrechen“ und die Kriegs-MACHER meist unerwähnt bleiben.
Beispiel US-Rüstung. Es waren konkrete Entscheidungen der Personen Bill Clinton, George W. Bush und Barack Obama, die die Rüstungsausgaben derart massiv anstiegen ließen. Sie werden erhöht, obgleich die USA eine Rekordarbeitslosigkeit erleben und obwohl Anfang 2012 bereits 46 Millionen US-Amerikaner von staatlicher Hilfe leben und Lebensmittelkarten (food stamps) beziehen.
Beispiel Griechenland. Die EU und der Internationale Währungsfonds diktieren in Griechenland längst die Details, wo im Gesundheitsbereich, bei den Einkommen und Mindestlöhnen „gespart“ werden muss, sodass es flächendeckende Verelendung gibt. Sie bestimmen damit auch darüber, dass bei den griechischen Rüstungsausgaben faktisch nicht gespart wird.
Beispiel Kriegsgefahr Israel/Iran: In einer Zeit, in der sich die Kriegsgefahr im Nahen und Mittleren Osten enorm verschärft, beschließt die deutsche Regierung die Lieferung eines sechsten U-Boots an Israel – eines Kriegsschiffs, das für Atomraketen ausgerüstet ist.
Beispiel Bundeswehr. Aktuell wird die Bundeswehr zu einer Interventions- und Besatzungsarmee umgebaut. Doch was ist, wenn sich zu wenige junge Männer und Frauen zum Dienst in dieser Armee melden? Dann beschließt der Bund – Achtung, auf dem Titel steht „Streng vertraulich / nur für den Dienstgebrauch!“ – ein „Maßnahmenpaket zur Steigerung der Attraktivität des Dienstes in der Bundeswehr“. Dort gibt man sich dann plötzlich betont ausländerfreundlich; Maßnahme 18 lautet: „…sodass Inländer (… ) auch ohne deutsche Staatsbürgerschaft regelmäßig in die deutschen Streitkräfte eingestellt werden können“. Da soll plötzlich das geschaffen werden, was auf dem Gebiet der ehemaligen DDR radikal abgeschafft wurde: Die Maßnahmen 71, 74 und 76 lauten, dass „Kinderbetreuungsplätze in der Nähe des Arbeitsplatzes“ (in der Bundeswehr) geschaffen werden, dass es für Soldaten-Kinder „Ferienbetreuung“ gibt und dass „Betriebskindergärten (der Bundeswehr) eingerichtet“ werden.
Sollte jemand im Auslandseinsatz vorschnell einen verdächtigen Afghanen erschießen oder gar einen ganzen Tanklastzug bombardieren und dabei 103 Menschen töten, dann wird auch hier Hilfe geboten. Maßnahme 55 lautet: Man begrüße „die Einführung eines besonderen Gerichtsstandes für die Behandlung von möglichen Straftaten durch Angehörige der Bundeswehr“. Die Erfahrung lehrt, dass ein solcher „besonderer Gerichtsstand“ personell so „ausgestaltet“ wird, dass bei Kriegsverbrechen alle Augen zugedrückt werden. Beispiel USA: Der Hauptverantwortliche für das Massaker von My Lai in Vietnam aus dem Jahr 1968, bei dem 503 Zivilisten durch eine US-Einheit getötet wurden, wurde nach kurzer Haftzeit begnadigt und auf freien Fuß gesetzt.
Umgekehrt jedoch gibt es keinen „besonderen Gerichtsstand“ und gibt es kein einziges deutsches Gericht, das auf Einhaltung von Artikel 26 Grundgesetz und § 80 Strafgesetzbuch dringt. Danach ist die „Vorbereitung eines Angriffskriegs“ strafbar. Wenn jedoch eine Frau Hanna Poddig im Februar 2008 einen Transportzug der Bundeswehr unter Verweis auf den Angriffskrieg, an dem die Bundeswehr in Afghanistan beteiligt ist, friedlich blockiert, dann wird sie zu 90 Tagessätzen verurteilt. Hanna Poddig, die im März 2012 ersatzweise eine Gefängnisstrafe antrat, forderte als Antwort auf diese SICHTBARE Faust von Rüstung und Krieg: „Seid Sand im Getriebe der Kriegsindustrie! Ob bei Bundeswehrwerbeauftritten an Schulen oder auf Messen, bei Konzerten der Bundeswehr-Bigband oder an den Produktionsstätten von Heckler & Koch…“.
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