Dass Politiker auch Menschen seien, wird schon länger vermutet. Filmemacher Andreas Dresen tritt mit seinem neuen Film „Herr Wichmann aus der dritten Reihe“ den Beweis für diese Mutmaßung an.
Bereits 2003 hatte Andreas Dresen Henryk Wichmann in seinem Dokumentarfilm „Denk ich an Deutschland – Herr Wichmann von der CDU“ porträtiert.
Herr Wichmann ist mittlerweile 33 Jahre alt und immer noch Mitglied der CDU.
Nach der letzten Landtagswahl in Brandenburg im Jahr 2009 schrieb eine Zeitung: „Henryk Wichmann hat es wieder nicht geschafft“. Die CDU hatte 19 Listenplätze für den Brandenburger Landtag bekommen, und Herr Wichmann war auf Platz … 20. Wochen später wollte einer der CDU-Abgeordneten doch lieber seinen Platz im Europaplatz wahrnehmen. Herr Wichmann rückte nach.
Und nun kümmert er sich. Er kümmert sich den ganzen Tag. Um den Schreiadler über Brandenburg, um Frösche und Eidechsen im Wald. Er trifft sich mit Kindern und Jugendlichen in Schulen. Er trifft Brandenburger Wut-Bürgerinnen beim Eisessen, die Hartz4-Leuten das Geld streichen wollen, wenn diese rauchen. Herr Wichmann rechnet vor laufender Kamera vor, dass ihm nach allen Abzügen auch nicht mehr bliebe als einer Hartz4-Familie.
Herr Wichmann fährt einen Skoda. Seine Kinder tragen bunte Wollmützen. In seinem Parteibüro hängt ein Kreuz an der Wand. Zur Büroeinweihung erscheint auch ein Pfarrer, der die Räume mit einem Gebet segnet. Herr Wichmann mag Topfpflanzen.
Die Bündnis90-Grünen und die Linken mag er nicht so.
Weil die Plakate der Linkspartei in einem Landtagsraum mit Bürgerverkehr abgehängt werden sollten, forderten die Linken, dass das dort ebenfalls hängende Kreuz entfernt wird.
Die linken Plakate wurden letztendlich anderherum aufgehängt. Witzbolde schlugen vor, das Kreuz ebenfalls verkehrtherum aufzuhängen.
Das ist alles nicht komisch. Zumindest nicht für Herrn Wichmann.
Und immer wieder der Schreiadler, der in Brandenburg schon so vieles verhindert hat.
Andreas Dresen sagte in einem Interview, dass er durch seine Arbeit an dem Film viel Respekt für Politiker gewonnen hätte. Desillusioniert hätten ihn die Bürger, die immer nur fordern würden. Sie würden sich in den politischen Dirskurs nicht einbringen wollen. Es ginge ihnen nur um puren Eigennutz.
Ein neuer tragikomischer Dokumentarfilm über die Mühen der Ebene, über das, was Politik und Demokratie in der rauen Praxis bedeuten, im Plenum, den Landtagsfluren, dem Lebensalltag im Wahlkreis.
Der sehenswerte Film wird ab dem 6. September 2012 in den Kinos gezeigt.
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