KOMMENTAR zu Griechenlandkrediten: Die Mogelpackung der Opportunisten

Das Griechenlandpaket, die Mogelpackung der Opportunisten

Es ist kaum wirklich zu begreifen, was da passiert ist in den letzten Tagen, Wochen, Monaten in Sachen Griechenland, Euro und Co. Fassen wir zusammen: 110 Milliarden hat jetzt die Europäische sogenannte Gemeinschaft ausgelobt, um Griechenland unter die Arme zu greifen, bzw nicht Griechenland – nein, das Geld geht in erster Linie an Griechenlands Gläubiger, an die, die die Hellas-Staatsanleihen gekauft haben, weil die sonst nicht mehr bedient werden könnten, also vor allem so arme Schlucker wie die Deutsche Bank. Oder die HypoRealEstate, die ja sowieso alles gekauft zu haben scheint, weltweit, was nicht nur wie Scheiße aussah, sondern auch so roch. Also, das Geld kriegen die Gläubiger. Damit alle – auch die, die auch schon kurz vorm Abnibbeln sind, finanziell gesehen, weil sie sich vor der Finanzkrise ähnlich dämlich verzockt hatten, mit einzahlen können in den Schuldenabdeckgarantiefonds, also solche Staaten wie Portugal und Irland.

Da müssen die jetzt natürlich selbst weitere Schulden machen – zu weitaus höheren Zinsen als z.B. Deutschland, um Griechenlands Schulden zu bezahlen – ein selten beklopptes Verfahren, über das sich Finanzprofis so laut schieflachen, dass der Euro an den Devisenmärkten weiter auf Talfahrt ist. Also, stellen Sie sich vor, der, der in ihrer Verwandtschaft besonders niedrige Zinsen kriegt, weil er reicher ist, nimmt nur für sich selbst sein Geld auf und lässt die anderen Familienmitglieder an die Banken die höheren Zinsen zahlen. Da kommt Freude auf in der Familiengemeinschaft.

Doch das ist nicht die erste Peinlichkeit, bei weitem nicht die Einzige und garantiert nicht die letzte.

Es fing an – während der Bankenkrise. Alle Eurostaaten setzten mal eben nonchalant alle Regeln ihres Währungsverbundes außer Kraft und finanzierten die Ausfälle der mit den meisten Regierungsvertretern längst verbandelten und verschwisterten Pleitebänker, statt die Banken also in einem geordneten Verfahren bankrott gehen zu lassen und anschließend die Scherben einzusammeln, gleichzeitig die betroffenen BürgerInnen und unbeteiligte Bankinstitute abzufedern und so die Binnennachfrage zu schützen – rettete man die Banken, in dem man alle Stabilitätskriterien der Lächerlichkeit preisgab. Verkürzt: Man rettete die Banken, in dem man die Eurostaaten und den Euro opferte, nebst diversen Sozialleistungen, aber das hatte man eh schon immer tun wollen. Wenig überzeugend, aber die Bänker hatten es ihnen geraten, unseren Europolitikern.

Man hoffte also, es werde schon irgendwie gutgehen. Nicht nur Griechenland versteckte seine Schulden unter einem dreisten Berg von Lügen – auch Irland, Spanien, Ungarn, Portugal, übrigens auch in Deutschland und England hatten für solche Fälle so ihre kleinen Haushaltsverstecke – und die Sonnenkönige in Frankreich und Italien warfen das Geld am dreistesten mit beiden Händen den Bankrottbänkern hinterher.

Dass sich in Griechenland die Lage jedoch noch dramatischer entwickelte, lag schlicht daran, dass in jenem Land, dass einst aus politischen Gründen in den EU-Euroraum gelassen wurde, obwohl es bei weitem nicht die Kriterien erfüllte – auch so ein Unding – dass es dort schlicht nicht üblich ist, Steuern zu zahlen, dass sich die Beamten – jeder Dritte Grieche ist beim Staat angestellt – 15 Monatsgehälter genehmigen und mit 50 meinen, reif für die Rente zu sein. Dass diese Selbstbedienungsmentalität auf Dauer nur schiefgehen kann, hätte man vorher wissen müssen.

Doch die Losung jener Finanzpolitiker, die von Derivaten, Hedgefonds, Staatsanleihen, Zinsschritten, Ratingagenturen und dem sonstigen Einmaleins der Bänker höchstens so viel verstehen wie Sie und ich – die Losung jener vermeintlichen Politiker vom Fach jedenfalls war von Anfang an simpel: Der Bänker sagt merscho, was I dua soll. Schließlich sollten ja deren Spenden an die Parteien munter weiter fließen.

Wirklich jeder hätte begreifen können, dass man den Euro gefährdet, wenn man erst die Stabilitätsvorschriften in den Wind schießt, ums den Spekulanten recht zu machen und man auch nicht gesundet, wenn man anschließend die Volkswirtschaften totspart, um die nächsten Rechnungen der Bänker auch noch zu bezahlen.

Dabei gab es von Anfang an sehr wohl Alternativen zum Pleitekurs:

Klare Stabilitätskriterien für den Euro – die ja mehrfach aufgeweicht wurden, nur weil man zu bequem war, den Bürgern die Wahrheit und den Banken zu sagen, dass wer sich verspekuliert, auch die Folgen zu tragen hat, solange es sich nicht ohnehin um Staatsbanken wie jene unselige Bayrische Landesbank handelt, die losgelöst von jeder ernstzunehmenden Kontrolle auch noch die dümmsten Derivate einsammelte. Übrigens passierte das, während der Chef der SAFIN, der Bankenkontrolleure hierzulande, vor den Zusammenbrüchen vor allem der HypoRealEstate warnte und seinen Hut nahm, weil das unsere Finanzminister aller Couleur einen Dreck interessierte.

Also, Zusammenfassung: Eine Währung, die vorsätzlich ihrer Seriosität beraubt wurde.

Ein ganzes Land, dessen Soziale Selbstbedienungsmentalität nur noch von der dort allgegenwärtigen Korruption übertroffen wurde, das griechische Schlaraffenland, dass von all den anderen EU-Profis in Ruhe gelassen wurde, weil unter deren Ärschen ja auch kleine Zeitbomben tickten, wenn auch nicht ganz so große.

Doch damit immer noch nicht genug.

Angela Merkel wollte von der Wahrheit vor der NRW-Wahl nichts hören, bremste deshalb so lange jede Intervention aus, bis es noch 60 Milliarden teurer war, zu handeln, als noch vor 6 Wochen – dass die Reputation Deutschlands als seriöse Finanzlokomotive Europas auf diese Weise auch noch in den Weiten der Ägäis entsorgt wurde, das focht unsere Aussitzerin aus dem Kohl-und-Bimbes-Stall nicht an. Augen zu und durch.

Hat nicht geklappt, Angie.

Jetzt ist die Seriosität des Euro eine sentimentale Erinnerung an bessere Zeiten, Griechenland IST pleite und Portugal bald auch und Italien eigentlich auch schon, aber Berlusconi ist der bessere Fälscher,

jetzt ist die Binnenkonjunktur im Arsch der Devisenzocker, an deren Profit ja die FDP sogar im Zweifel die Koalition scheitern lässt.

Die SPD gibt mit der Linkspartei, der freilich zu der Lage in Griechenland nicht auffällt, dass die frühere Traumtänzerpolitik dort ihren eigenen irrealen sozialpolitischen Vorstellungen weitgehend entspricht –

Die SPD also mit der Linkspartei gibt den Rächer der Enterbten und kämpft immerhin tapfer für eine längst international fällige Finanzmarktstransaktionssteuer – die die FDP so verzweifelt und erfolgreich verhinderte –

und die Grünen? Ihre Zustimmung zu den Griechenland-Krediten ist nichts Anderes, als ein sich vor der NRW-Wahl in vorbeugendem Gehorsam an die CDU ranwanzen, ein wahrhaft jämmerliches Schauspiel.

So präsentieren sich Regierung und Opposition zur größten Wirtschaftskrise seit der Einführung des Euro, der bislang eine der wenigen Erfolgsgeschichten der EU war, als Schmierenkomödianten, als Laienschar, deren Mangel an Kompetenz und handwerklichem Können allenfalls von der Skrupellosigkeit der FDP übertroffen wird. Die Wähler in NRW könnten ihnen die Quittung ausstellen – denn, auch, wenn diese Herren und Damen es längst lächerlich finden, ihre Auftraggeber, so steht es im Grundgesetz dieser Republik, sind nicht die Herr Ackermann und all die anderen Heuschrecken, die den Staat und seine Bürger nur noch als ziemlich blöde Beute betrachten – ihre Auftraggeber sind – die Bürger, von denen sie gewählt sind.

Schade, dass man das inzwischen auch und gerade im staatlichen deutschen Fernsehen so selten erwähnt. Aber wahrscheinlich würde Frau Merkel dann – ausschalten.

Andrasch Neunert

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